Wenn sich bei einer Orchidee an einem Blütenstengel Blätter statt Blüten bilden, ist es so weit: Die Orchidee kindelt, auf meiner Fensterbank an einer Phalaeopsis-Art. Vegetative Vermehrung wird diese Art der Fortpflanzung genannt.
Die Frage die sich mir stellte: Wie und wann kann ich diesen Ableger vom Stengel abnehmen und in einen Topf einpflanzen, ohne dabei als Laie großen Aufwand betreiben zu müssen?
Zuerst heißt es warten bis die sich bildenden Luftwurzeln eine Länge von 5 bis 8 cm haben. Bilden sich an den Blättern keine Wurzeln wird es schon kompliziert. Fachleute empfehlen, an den unteren Teil des Kindels einen Plastikbeutel mit Orchideensubstrat zu hängen und das Substrat feucht zu halten. Das wäre mir viel zu kompliziert gewesen. Glücklicherweise haben sich Wurzeln gebildet. Während des Wachtums habe ich das Kindel ab und an mit Wasser besprüht.
Sind die Luftwurzeln lang genug und hat der Ableger zwei oder mehr Blätter, wird er mit einem scharfen, sauberen Messer am Stengel der Mutterpflanze abgeschnitten. Es gibt Fachleute, die eine sterile Messerklinge empfehlen. Ich habe lediglich darauf geachtet, dass das Messer sauber war. Weiter wird empfohlen, die Schnittstelle am Kindel mit Holzkohlepulver zu überziehen, damit Bakterien abgetötet werden und die neue Pflanze nicht fault. Ich habe mehrmals mit Grillkohle über die Schnittstelle gewischt und hoffe, dass diese Methode ausreichend ist.
Eingepflanzt wird der Ableger in Orchideensubstrat. Fachleute empfehlen spezielles Jungpflanzensubstrat oder klein gebröseltes Orchideensubstrat. Ich habe die größeren Stücke aussortiert, nur die kleinen Holzstückchen genommen und den Ableger darin eingepflanzt. Da gerade keine durchsichtiger Pflanztopf zur Verfügung war, nahm ich einen einfachen Plastiktopf. Experten empfehlen neben durchsichtigen Pflanztöpfen spezielle Orchideenübertöpfe, damit die Pflanze nicht im Wasser steht. Ein normaler Übertopf, in den eine Schicht Tongranulat eingebracht wird, tut es auch.
Nach dem Einpflanzen wird der Ableger häufig, im Sommer mehrmals täglich, mit Wasser besprüht. Es ist aber auch möglich, eine Plastiktüte mit einigen Löchern drin drüber zu stülpen. Diese muss jedoch täglich zum Lüften einige Zeit entfernt werden. Auch in diesem Fall habe ich es mir wieder einfach gemacht. Ich habe den Topf an ein schattiges Plätzchen im Garten gestellt, wässre die Erde um den Topf herum einmal täglich und besprühe die Blätter ebenso oft. Damit wird ein Mikroklima mit hoher Luftfeuchtigkeit erzeugt.
Inzwischen sind seit dem Einpflanzen des Kindels vier Wochen vergangen. Die neue Pflanze wächst, ein neues Blatt bildet sich. Vielleicht hat es auf diese Weise geklappt und die neue Pflanze ist angewachsen. Übrigens: alle Luftwurzeln konnte ich nicht im Topf unterbringen, da blieb halt eine draußen. Geschadet hat es offensichtlich nicht.
Hier die Fortsetzung: Vom Kindel auf dem Weg zur blühenden Orchidee
Welche Mühe Du Dir jeweils mit den Pflanzen gibst! Meine vernachlässigten (Geschenk)-Orchideen wurden blass vor Neid, als ich ihnen dieses vorlas.
Vielleicht dient dieser Beitrag der Motivation, Kindel zu zeugen.
🙂
Ich habe gerade mal nachgeschaut, bei mir kriegen sie keine Kinder. Vielleicht weil sie so ungeliebt sind.
Möglich, dass Du Arten hast, die nicht kindeln.Nicht alle Orchideen-Arten vermehren sich vegetativ.
Müssen diese Luftwurzeln nicht sowieso Luft haben? Bei meinen Orchideen (allerdings alle gekauft, 6-7 Jahre alt inzwischen) sind etliche Luftwurzeln außerhalb des Substrats. Ich glaube, dass die sich dann aus der Luft die Feuchtigkeit holen, kann das sein?
Das machen meine auch so, und das in einer so absurden Höhe oberhalb des Pflanzsubstrats, dass ich mir denke: „Die müssen doch wissen, was sie wollen?“
Hihi, das wollen wir hoffen!
Liebe Petra, die Luftwurzeln des Kindels werden offensichtlich zu richtigen Wurzeln, wenn sie in ein Substrat gepflanzt werden. Die, die an der Luft bleiben, holen sich die Feuchtigkeit tatsächlich aus der Luft.Optimal werden sie versorgt, wenn sie mit Wasser besprüht werden und bei hoher Luftfeuchtigkeit.
Ah, das ist ja interessant! Vielen Dank für die Erklärung : )
Eine anschauliche Beschreibung, Philipp – dankeschön.
Tolles Hobby! Bitte berichte uns von der ersten Kindlblüte.
Falls die Anzucht tatsächlich erfolgreich ist, wird es wohl noch ein Jahr dauern, bis die neue Orchidee blüht.
Sieht für mich aus wie’n Gummibaum …
Du bist ein wahrer Botaniker oder Gärtner! Meine zwei Orchideen – vier bis fünf Jahre alt – haben keine Kindel, dafür viele Luftwurzeln und sie bekommen auch immer wieder neue Blüten, doch sicher behandele ich sie zu schlecht…, meine Zimmerpflanzen müssen ziemlich robust sein und sich mit dem Nötigsten zufriedengeben.
Ich habe zwar auch zwei Orchideen, aber gekindelt haben die noch nie – oder ich habe es noch gar nicht bemekt 😉
Orchideen? Hochachtung. Die sterben bei mir am schnellsten.
Pingback: Neues von der Fensterbank III – Umzug ins Winterquartier | Philipp Elph
Das Kindel bildet eine Rispe, es will blühen!
Gibt es mittlerweile einen Zwischenstand, ob das kleine Kindel vielleicht schon einen Stängel entwickelt hat und blüht? Würde mich mal interessieren, wie es dir damit geht. 😉
Liebe Grüße
Fabienne
Pingback: Neues von der Fensterbank IV: Vom Kindel auf dem Weg zur blühenden Orchidee | Philipp Elph
Hallo Philipp, vielen Dank für die ausführliche Anleitung! Bei einer meiner Orchidee hat ein Kindel eine blühende Rispe entwickelt, 3Blätter, wovon ein unteres jetzt gelb wurde, und sehr viele Luftwurzeln. Sollte ich Mut dem Abschneiden des Kindels warten bis die Blüte vorbei ist?
Allerdings komme ich dann in die Jahreszeit wo man nicht neu Pflanzen soll. Bin sehr ratlos, vlt. hat jemand einen guten Rat?
Hallo Barbara, mit Orchideen habe ich nicht so viel Erfahrung, um guten Gewissens einen Rat geben zu können. Ich würde in deinem Fall warten, bis die Rispe abgeblüht ist. Ob danach das Kindel gleich abgetrennt werden sollte oder erst bis zur nächsten Wachstumsperiode gewartet werden sollte, kann ich nicht sagen. Allerdings ist es so, dass das Kindel sicherlich noch eine Weile an der Pflanze leben kann. Ich würde es erst zum idealen Pflanzzeitpunkt von der Mutter trennen – aber vielleicht gibt es einen besseren Rat!
Vielen Dank für die prompte Rückmeldung, ich werde erstmal noch in diversen Foren stöbern.
Hallo,
ich habe mal eine doofe Frage, weiß jemand ob man alle Lufwurzeln bei den Kindeln mit in den Topf geben muss, oder ob man sie kürzen darf, bei meinen sind über 30.40 cm lange Luftwurzeln dran, die bringe ich doch nie und nimmer in einen Blumentopf
Die Luftwurzeln lasse ich beim Umtopfen immer draußen, drücke sie nicht in den Topf bzw. ins Substrat. Das kann man wohl bei den Phalaenopsis machen, ansonsten wird jedoch davon abgeraten. Luftwurzeln, die vertrocknet sind, trenne ich ab. Wenn die Luftwurzeln im Verhältnis zur Pflanze zu groß sind, würde ich nach und nach über einen längeren Zeitraum die jeweils längste oder störendste Luftwurzel abtrennen, dann sollten sich neue bilden. Auf keinen Fall würde ich Luftwurzeln kürzen und dann in das Substrat legen. Dabei wäre die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Schnittstellen faulen und die Pflanze Schaden erleidet.