Bibliophile, schlicht ins Deutsche übersetzt „Bücherfreunden“, erfreuen sich nicht nur am textlichen Inhalt eines Buches oder dessen Abbildungen, sondern auch an Äußerlichkeiten wie der Typographie, dem Satzspiegel, Format und Materialien des Buchblocks – und auch des Einbands mit den verschiedenen Materialien und der Ausführung der Arbeit.
Ein solcher Bücherfreund stand eines Tages mit einem Buch vor mir und fragte mich: „Schau Dir das mal an, kannst Du so etwas auch?“
Dieses Buch war ein Zweibuch, beschrieben unter http://www.prokonverlag.de/presse/pm_20020809/index.php
Der Titel lautet „Gökbük wirklich möglich- Zweibuch vom schöpferischen Winkel“ von der Münchener Kommunikationsagentur Kochan & Partner und dem prokonVERLAG. Es wurde mehrfach, u.a. für seine hohe Designqualität und als schönstes Buch, ausgezeichnet.
Dieses Zweibuch besteht aus zwei Buchblöcken, aufgeklappt ist links ein Teil des Buches, zu öffnen und zu lesen wie ein ganz normales Buch. Auf der rechten Seite befindet sich der zweite Teil, der so da liegt wie ein Buch, das auf der Titelseite liegt und ebenso aufgeklappt werden kann. Beide Teile sind verbunden, ein Zweibuch also.
Dazu sollte der Leser wissen, dass ich Hobby-Buchbinder bin und mein ehemaliger Kollege, der mich fragte, ist ein anerkannter Spezialist für Verpackungen, zum großen Teil aus Karton und Pappe.
Um ein Zweibuch herzustellen, fertigte ich zunächst eine Zeichnung im Maßstab 1:2 an. Als Buchblöcke verwendete ich zwei bei meinem Papierdealer fertig gekaufte Blanko-Rohlinge. Für mich war die wesentliche handwerkliche Arbeit die Herstellung des Einbandes und das Einhängen der Buchblöcke in die Einbanddecke.
Das Ergebnis beantwortete die Frage meines Kollegen mit „Ja“.
Stellt sich die Frage, wozu braucht man so ein Zweibuch?
Leute ohne Fantasie zucken da nur mit den Schultern.
Das gedruckte, oben vorgestellte Gökük ist natülich ein Sammlerstück für Bibliophile.
Meine Exemplare haben dagegen auch einen Nutzen.
So habe ich ein Buch hergestellt, das von dessen Besitzern, einem Ehepaar, als Reisetagebuch beschrieben wird. Auf den jeweiligen Teil habe ich den Namen von ihr und von ihm geprägt und so schreibt er seine Erlebnisse und Eindrücke der Reise in den linken Block, sie ihre in den rechten.
Ich habe mein Exemplar „Soll“ und „Haben“ genannt und trage so getrennt schöne und weniger schöne Eindrücke ein. Ein Gästebuch „Lob“ und „Tadel“ wäre eine weitere Möglichkeit oder ein Zweibuch mit einem Kalender als Tagebuch auf der einen, einem Teil für Notizen auf der anderen Seite.
Interessant ist, dass ich in der mir umfangreich zur Verfügung stehenden Literatur keine weiteren Hinweise auf diese Art von Buch gefunden habe, auch im Internet wurde ich nicht fündig. Daher gehe ich davon aus, dass diese Species zu den Raritäten bei den Bucheinbänden zählt.
Ottogang danke ich nicht nur für das Foto vom Gökbük, sondern auch und insbesondere für die Anregung, die er mir gegeben hat, als er mir das Buch gezeigt und ausgeliehen hat, damit ich es „nachbauen“ konnte.